Sphere – Die Macht aus dem All
(Sphere)
USA 1998, 134 Minuten
Regie: Barry Levinson

Drehbuch: Stephen Hauser, Paul Attanasio, nach dem Roman von Michael Chrichton
Musik: Elliott Goldenthal
Director of Photography: Adam Greenberg
Montage: Stu Linder
Produktionsdesign: Norman Reynolds, Mark Mansbridge, Jonathan McKinstry

Darsteller: Dustin Hoffman (Dr. Norman Johnson), Sharon Stone (Dr. Elizabeth „Beth“ Halpern), Samuel L. Jackson (Dr .Harry Adams), Peter Coyote (Captain Harold C. Barnes), Liev Schreiber (Dr. Ted Fielding), Queen Latifah (Alice „Teeny“ Fletcher), Marga Gómez (Jane Edmunds)

Nie wieder „Sphere“

So kann es gehen. Noch während der Vorbereitungen zu „Sphere“ kamen Barry Levinson und Dustin Hoffman mit der wundervollen Satire „Wag The Dog“ (1997) in die amerikanischen Kinos. „Sphere“ hingegen hat Attribute wie „wundervoll“ nun gar nicht verdient. Ich habe keine Ahnung, was sich Levinson bei der Adaption eines Romans von Michael Chrichton gedacht hat, zumal ich den Roman nicht kenne. Auf irgendeine zum Teil aufdringliche Weise will „Sphere“ jedenfalls gefallen, als eine Art filmischer Schwebezustand zwischen Kubricks „2001: A Space Odyssee“, Tarkowskis „Solaris“, Camerons „The Abyss“ und Andersons „Event Horizon“. Geschichte, Figuren, das allzu gewollt Mysteriöse des Plots und die gesamte Pseudo-Philosophie von „Sphere“ katapultieren den Film allerdings – nomen est omen – in die Sphäre des Unfassbaren.

Irgendwo unter dem Meer finden US-Militärs ein dort bereits seit 300 Jahren liegendes Raumschiff ungeheuren Ausmaßes. Was tun? Im Auftrag der Regierung werden der Psychologe Norman (Dustin Hoffman), der vor Jahren eine Art Memorandum geschrieben hatte, wie in einem solchen Fall des Kontakts mit Außerirdischen zu handeln sei, die Biochemikerin Beth (Sharon Stone), die einmal mit Norman liiert war, der Mathematiker Harry (Samuel L. Jackson) und der Astrophysiker Ted (Liev Schreiber) angeheuert, um in einer Tiefenforschungsstation auf den Meeresboden zu tauchen und das Raumschiff zu untersuchen. Mit an Bord befinden sich Captain Barnes (Peter Coyote), die Funkerin Fletcher (Queen Latifah) und eine weitere Navy-Angehörige (Marga Gómez).

Schon bald geschehen merkwürdige Dinge. Die Forscher entdecken eine mysteriöse große Kugel. Auf dem Computer meldet sich die Stimme eines Fremden, der offenbar zum Raumschiff gehört. Es kommt zu Unglücksfällen, riesige Tintenfischeier „regnen“ durch das Wasser, Wasserschlangen greifen Norman an – und vor allem: Harry benimmt sich plötzlich sehr merkwürdig. Er liest Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“ (das Buch hat größtenteils nur noch leere Seiten). Todesfälle nach eindringendem Wasser und Spannungen zwischen den Wissenschaftlern lassen die Ankündigung der Computerstimme „Ich werde euch alle töten“ real erscheinen ...

Um es vorwegzunehmen: Die erste halbe Stunde des Films lässt auf ein spannendes Sciencefiction-Abenteuer hoffen. Die düstere und beklemmende Atmosphäre, das Risiko des enormen Drucks tief unten, das Rätsel eines Raumschiffs, das immerhin 300 Jahre unentdeckt im Pazifik (oder wo auch immer) schlummerte – all das macht Lust auf mehr. Was Levinson dann allerdings in die Wege leitet, ist nicht mehr als eine Mischung aus scheinbarer Nähe zu den genannten Klassikern des Genres und einem derart mangelhaften Plot, dass einem nach Ende des Films die Haare zu Berge stehen.

Zunächst einmal haben die Figuren außer vielleicht Dustin Hoffmans Dr. Johnson kaum Konturen. Bei Queen Latifah und Marga Gómez, die absolute Nebenrollen spielen, kann man das ja noch nachvollziehen. Bei Sharon Stone, Peter Coyote, Samuel L. Jackson und Liev Schreiber ist es unverzeihlich. Dabei geben sich die Mimen alle Mühe, aus der mangelhaften Handlung noch irgend etwas Vernünftiges zu kreieren – meist vergeblich.

Letztlich dienen sie nur einer Handlung, die durch etwas Pseudo-Mysteriöses „beherrscht“ wird: eine Kugel und irgendeine Kraft, die sich vielleicht in der Kugel befindet, und irgendwelche Ängste der anwesenden Menschen manifestiert. Warum von diesem Raumschiff in drei Jahrhunderten nichts ausging – keine Gefahr, kein Kontakt, absolut nichts –, bleibt das Geheimnis der Autoren. Die Idee mit Kugel und intelligenter Kraft ist letztlich keine Idee, sondern nur blanker Humbug. Dr. Johnson und die anderen betreten jeder für sich, zum Teil verheimlicht vor den anderen, die Kugel, und plötzlich passieren furchtbare Dinge, ihre Ängste oder Aggressionen oder was auch immer manifestieren sich. Dann beginnt ein munteres Hin und Her zwischen Raumschiff und Forschungsstation, ein Toter hier, einer dort, Wasser läuft hier herein, Johnson gerät in Panik, weil sein Luftschlauch ein Loch hat – und so weiter und so fort.

Ad finitum legen sie ihre Kraft durch einstimmigen Beschluss „wieder ab“, sie vergessen die Kraft einfach, die Kugel saust in den Weltraum – und ich gehe an den Kühlschrank und muss mir erstmal einen Wodka hinter die Binde kippen. Nicht darüber nachdenken, sage ich mir, nicht nach irgend einem Körnchen Bedeutung suchen, lass es lieber. Denn die Philosophie des Films ist nur eine vorgetäuschte, und daher keine, so sehr das Drehbuch auch durch Dialoge versucht, die filmischen Mängel auszubügeln. Es ist ja eine nette Idee, dass plötzlich in den Schränken des Raumschiffs statt Essbarem nur Dutzende Exemplare von Vernes Roman zu sehen sind. Aber solche Ideen – die wiederum demonstrieren, dass die geheimnisvolle Kraft den Menschen ermöglicht, ihre Phantasien zu manifestieren – reichen für einen intelligenten Sciencefiction eben nicht aus.

Die insgeheim wohl gewollte, aber letztlich bedeutungslose Nähe von „Sphere“ zur Klaustrophobie etwa in „Alien“, zu HAL in Kubricks „Odyssee“, zu Tarkowskis geheimnisvollen „Solaris“ ist reine Makulatur.

Man versuche einmal, aus der Schlussszene einen Sinn zu konstruieren: Die Menschen hatten die Möglichkeit, ihre Ängste usw. zu manifestieren. Jetzt haben sie erkannt, welch böse Folgen das zeitigen kann. Sie verzichten gemeinsam auf diese Kraft. In diesem Moment saust die Kugel zurück in den Weltraum. Soll das heißen, die Menschen sind von irgend etwas geheilt, haben irgend etwas gelernt, was ihre Zukunft besser macht? Allein die Tatsache, dass man, wenn man sich überhaupt diese Frage stellt, rätseln muss nach dem Motto „Was will der Künstler uns damit sagen?“, deutet auf eine katastrophale Inszenierung. Sicher, „Sphere“ hat in der ersten halben Stunde spannende Momente, doch der Absturz danach macht das alles wieder zunichte. Was bleibt, sind Frustration und Ärger.

© Bilder: Warner Brothers